Am 16. Januar fand der erste Prozesstag gegen Daniel Roland Knorreck unter Polizeipräsenz und Vorkontrollen aller Besucher*innen vor dem Amtsgericht Lörrach statt. Knorreck war ein Nachbar der von Nazis bedrohten Familie in Friedlingen und hat nachweislich Kontakt zur Naziszene im Kreis Lörrach, dabei insbesondere zu den Nazis in Friedlingen.
Von der Staatsanwaltschaft wurden ihm mehrere Sachbeschädigungen vorgeworfen. So soll er mehrfach Tomatensauce über den PKW der Familie geschüttet, die Türschlösser und die Scheibenwischer des Autos festgeklebt, Aufkleber über die TÜV Plakette geklebt, die Antenne des Autos gestohlen und den Briefkasten einmal mit leeren Zeitungen, ein anderes Mal mit mariniertem Schweinefleisch zugemüllt haben. Zudem wurden ihn Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz vorgeworfen.
Aufgrund der Vorfälle kündigte die städtische Wohnungsgesellschaft Knorreck die Wohnung. Daraufhin lauert sein Schwiegersohn in einem Auto der Familienmutter auf, zwang sie in Anwesenheit ihres Kindes am helllichten Tag zum Anhalten und schlug sie so schwer zusammen, dass sie sich bis heute in ärztlicher Behandlung befindet und krankgeschrieben ist. Anschließend kündigt er an, ihr „Die Pegida“ auf den Hals zu hetzen. Im Juni und Juli 2016 versammelten sich Personen aus dem Milieu „friedlicher Widerstand/Pegida-Dreiländereck, die Rechte und der lokalen Nazi-Kameradschaft“ an mehreren Abenden vor der Wohnung der angegriffenen Familie und belästigen, fotografierten und bedrohen diese. Die Bedrohung durch die FaschistInnen wurde so massiv, dass die Kinder nur noch mit Begleitung von antifaschistischen Unterstützer*innen zur Schule gehen können. Gegen 8 Personen wurde im Nachgang ein richterliches Kontakt- und Annäherungsverbot verhängt.
Der verheiratete Knorreck wollte vor Gericht seine neue Anschrift nicht nennen. Generell bestritt er alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Auf die Frage des Richters, warum er auf einer von der Familie angefertigten Videoaufnahme am Heck des Autos der Betroffenen zu sehen sei, antwortete er, dass er sich nur den 12V Anschluss des Autos genauer ansehen wollte. Die im Nachgang festgestellte Beschädigung der Scheibenwischer sei wohl schon vorher dagewesen. Auf die weitere Frage des Richters warum die gestohlene Dachantenne des PKWs der Familie bei einer Hausdurchsuchung bei ihm gefunden wurde, war seine Antwort, dass er diese in der Garage auf dem Boden gefunden und zu sich nach Hause genommen hätte. Die Frage warum auch die auf dem Auto der Familie aufgeklebten Aufkleber in seinem Auto gefunden wurden, beantwortete er mit der Aussage, dass er die Aufkleber ebenfalls auf dem Boden der Garage gefunden und diese danach in seinem Auto deponiert hätte. Auf die Frage ob er – wie von der Betroffenen beobachtet – den Briefkasten der Familie mit alten Zeitungen verstopft habe, lautete seine Antwort, dass er nur kurz an seinem Briefkasten war. Zudem behauptete er, dass auch schon bei anderen Parteien im Haus rohes Fleisch und Verschmutzungen in den Briefkästen festgestellt worden wären. Die Frage, ob es Nachbarschaftsstreitereien zwischen ihm und der bedrohten Familie gegeben hätte, beantwortete er mit Nein. Ungefragt schob er noch nach, dass er nichts gegen Ausländer habe. Auf die Frage, ob er die rechten Übergriffe auf die Familie mitbekommen hätte, antwortete er darüber nichts Näheres zu wissen. Er würde weder rechter noch linker politischer Gesinnung sein und wäre in die Auseinandersetzung von „gewissen Personen“ hineingezogen worden. Die Rechten vor dem Haus seien ihm zwar von „kleinauf“ bekannt, sie hätten aber dort – so seine Aussage – immer nur auf ihre Eltern gewartet und niemanden bedroht. Generell war Knorreck darum bemüht, sich stets als Opfer einer Verschwörung gegen ihn darzustellen. So behauptete er die Mutter einer Freundin des Opfers hege Antipathien gegen ihn aufgrund der Zwingerhaltung seines Hundes. Es sollen ihm auch drei Personen aufgelauert haben, welche ihn massiv bedroht hätten. Zudem seien immer wieder Jugendliche mit Rollern in der Garage gewesen, diese hätten die Sachbeschädigungen begangen und die Aufkleber verklebt.
Die Staatsanwaltschaft fragte Knorreck, warum sich ein Zettel mit dem Namen der Betroffenen in seiner Wohnung befunden habe. Knorreck antwortete darauf, dass er einen anonymen Tipp bekommen habe, dass ihn das Opfer wegen seines Hundebesitzes “anschwärzen” wolle. Er betonte er sei das eigentliche Opfer: So solle die Betroffene ihn einmal mit dem Auto verfolgt haben. Auf die Frage warum er das Annäherungsverbot an die Familie und die Kündigung der Wohnung widerspruchslos akzeptiert habe, sagte Knorreck aus, dass dies die Schuld seines schlechten Ex-Anwaltes gewesen sei.
Nach der Befragung durch Richter und Staatsanwaltschaft wurde die Betroffene als Zeugin vernommen. Diese bestätigte, dass es bis zu den ersten Vorkommnissen keinen Streit zwischen ihr und Knorreck gegeben habe, es aber dann zu wiederholten Sachbeschädigungen an ihrem PKW gekommen sei und Knorreck sich oft in dessen Nähe aufgehalten habe – auch als das Auto extra umgeparkt wurde. Die Frage ob sich des Öfteren – wie von Knorreck behauptet – Jugendliche in der Garage aufgehalten hätten, verneinte sie, die Garage sei abgeschlossen und deshalb nur den Anwohnern zugänglich. Sie betonten dass sie Knorreck zweimal auf frischer Tat ertappt hätte: Einmal als er ihren Briefkasten mit den alten Zeitungen vollmüllte und ein zweites Mal auf einem Video einer von ihr – auf Anraten der Polizei und mit Erlaubnis der Hausverwaltung – installierten Kamera, als er einen Scheibenwischer festklebte. Auch wurde immer wieder bei ihr geklingelt ohne dass jemand vor der Tür stand. Knorreck lauerte ihr und ihren Kindern jedes mal beim Vorbeigehen an seiner Wohnung im Hausflur auf und starrte sie ohne ein Wort zusagen an. Knorrecks Anwalt versuchte die Betroffene mit Fragen nach den genauen Zeitpunkten ihrer Beobachtungen (Uhrzeiten) und ihren genauen Standpunkten unter Druck zu setzen, was ihm jedoch nicht gelang.
Am nächsten Verhandlungstag soll das Video der Überwachungskamera gezeigt, sowie die behandelnde Ärztin der Betroffenen vernommen werden.
Zur Bewertung des Prozesses lässt sich festhalten, dass Knorreck vor Gericht die oft bewährte Strategie südbadischer Nazis fährt zu behaupten, dass sie mit rechter Ideologie nichts am Hut oder damit gebrochen hätten. Dazu passt auch dass – anders als beiden Prozessen gegen die Annäherungsverbote – niemand aus der lokalen Naziszene im Gerichtsaal anwesend war. Knorreck versucht sich als Opfer einer (linken) Verschwörung gegen ihn zu inszenieren. Ob dies, trotz seiner schwachen Aussagen während der Verhandlung, beim zuständigen Richter verfängt wird sich zeigen.