Die Staatsanwaltschaft ging gegen das Urteil in der Hauptverhandlung vor rund einem Jahr in Berufung. Der Berufungsprozess fand nun am 5. Februar vor dem Landgericht Freiburg statt, u. a. unter den wachsamen Augen des lokalen Staatsschutzes.
Es erfolgte eine erneute Befragung der Betroffenen, des Zeugen Lindemer (Polizeibeamter aus Weil am Rhein) und des Hausmeisters der Wohnanlage. Anschließend wurde noch der Bericht des Arztes der Betroffenen und das Urteil, durch das das halbjährige Annäherungsverbot gegen Knorrek im Februar 2016 verhängt wurde verlesen.
Neues hatte nur der Zeuge Lindemer zu berichten: So soll Knorreck während der Hausdurchsuchung zu seiner Frau gesagt haben, dass er die Betroffene „fertig machen werde“, „es sei Schluss“.
Plädoyer Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwältin führte in ihrem Plädoyer aus, dass alle Taten dasselbe Muster aufwiesen, was für eine Täterschaft Knorreks spreche. Zudem halte sie die Aussagen der Geschädigten – bestätigt durch den Bericht ihres Arztes – für überzeugend. Der Zeuge Lindemer bestätige die Aussagen der Betroffenen. Sie fordert neunzig Tagessätze vor, alternativ siebzig.
Plädoyer Verteidigung
Der Verteidiger RA Stump betonte in seinem Plädoyer, dass die Ereignisse zu weit auseinanderlägen und es kaum Beweise dafür gäbe, dass sein Mandant an allen ihm zur Last gelegten Ereignissen beteiligt gewesen sei. Der Diebstahl der Antenne passe zudem nicht in das Muster der Sachbeschädigungen. Er verwies erneut auf die „einfache“ Persönlichkeitsstruktur seines Mandanten. Zudem befinde sich dieser in einer misslichen Lage, da er aufgrund der Ereignisse umziehen musste. Der Tatbestand der Nachstellung sei nicht erfüllt, da keine Beharrlichkeit vorhandenen sei, der Angriff seines Schwiegersohns auf die Betroffene schwerer für die gesundheitliche Belastung der Geschädigten wiege, als das Verhalten seines Mandanten, die Geschädigte angeblich Mitglied einer linken Gruppierung sei, Knorreck jedoch nichts dergleichen (gemeint ist eine Mitgliedschaft in einer extrem rechten Gruppe oder Organisation) nachzuweisen sei.
Urteil
Das Urteil des zuständigen Richters fiel mit 30 Tagessätzen leicht höher aus als in der Hauptverhandlung. Geahndet wurden zwei Sachbeschädigungen am Auto der Betroffenen und der Diebstahl der Autoantenne. Die anderen vorgebrachten Tatbestände ließen sich nicht eindeutig Knorrek zuordnen. Der Tatbestand der Nachstellung sei nicht erfüllt. So müssen die Handlungen z. B. die Lebensgestaltung der betroffenen Person erheblich beeinträchtigen. Das sei trotz der diagnostizierten PTBS der Betroffenen nicht der Fall. Der Richter stellt fest, dass die vorliegenden Taten ein erster Mosaikstein im Gesamtbild seien. Die Geschehnisse, die die Situation der Betroffenen erheblich beeinträchtigten, hingen zwar damit zusammen, hätten aber maßgeblicher mit dem Überfall durch Knorrecks Schwiegersohn zu tun. Der Richter betonte, dass es neben einer strafrechtlichen, auch eine politische Aufarbeitung der Geschehnisse bedürfe.
Bewertung
Allgemein erschien der Richter in Freiburg im Vergleich zu seinem Kollegen in Lörrach sehr viel wacher und mehr an einer tatsächlichen Aufklärung interessiert. Er betonte das große Ganze, weigerte sich aber nicht eindeutig belegbare Taten zu ahnden.
Trotzdem spiele das Tatmotiv „Rassismus“ wieder keine Rolle im Prozess. Wir verweisen deshalb auf unsere Bewertung der Hauptverhandlung.
Ob es zu Prozessen gegen die Nazibande aus Weil am Rhein kommen wird, steht derweil noch in den Sternen. Das Verfahren wegen der Verstöße gegen das Annäherungsverbot wurde inzwischen eingestellt, angeblich weil die Weigand-Brüder nicht mehr aufzufinden seien. Es scheint, dass, wenn es um die Verfolgung rechter Straftäter geht, der Rhein für die deutschen Behörden zu einer unüberwindbaren Grenze wird…